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The Bastard Operator from Hell   
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Heute ist mein erster Arbeitstag in Amerika auf dem Campus. Um einen guten Eindruck zu hinterlassen, der erste Eindruck ist bekanntlich der Entscheidende, und um mich in die neue Situation einzustimmen, frühstücke ich lauwarme Cola und microwaved Pizza, nachdem ich die ganze Nacht im 'Dark Sun' andere Spieler abgeschlachtet habe.

Danach ziehe ich löchrige Jeans und das abgef....... T-Shirt an, das ich finden kann, schmiere mir die Reste der Pizza auf die Brust und fahre zum Campus.

Gleich auf dem ersten Gang kommt mir ein absolut fertiger Typ entgegen: bleich, schmuddelig mit fettigem Haar, Ringen unter den Augen und eingefallener Hühnerbrust. So schauen also die hiesigen Hacker aus, denke ich und hebe lässig grüßend die Hand. Dann erst merke ich, daß ich den Spiegel an Ende des Flurs gegrüßt habe.

Nach einigem Hin und Her (der Sicherheitsoffizier am Eingang wollte mich 'rausschmeißen, weil er mich für einen 'Homeless' hielt), finde ich ins Büro von Ginger, dem 'Human Resources Manager' des Instituts. Ginger ist eine angenehme 25-jährige Überraschung mit kupferroten kurzen Haarschopf und hinterlistig grünen Augen. Sie überhäuft mich zunächst mit einen Riesenstapel an Formularen und Informationsmaterial, die ich alle lässig in die leere Pizzaschachtel schaufele. Schließlich rennt hier jeder morgens so gegen zwölf mit einer Pizzaschachtel 'rum und ich wollte nicht gleich am ersten Tag als Ausländer erkannt werden.

Gerade als ich dezent vorschlagen will, ob Ginger mir nicht beim Ausfüllen des ganzen Papierkrams behilflich sein könnte - zum Beispiel heute abend in meinem neu angemieteten Penthouse - gerade in dem Moment hält sie mir eine Broschüre über 'Sexual Harrasment am Arbeitsplatz' unter die Nase.

Dann führt sie mich zu meinem Büro, beziehungsweise zu dem lichtlosen, quadratischen, grau ausgepinselten Würfel, was die hier so sinnig 'cubicle' nennen. Mein cubicle ist vollgestopft mit Rechnern bzw. Rechnerteilen, alten Manuals, vergammelten Zeitschriften und verstaubten Ethernet-Kabel-Trommeln. Auf dem Schreibtisch steht eine altersschwache Sparc2 und wimmert vor sich hin. Auf den ersten Blick sehe ich, daß essentielle Teile für ein erfolgreiches System-Management fehlen - z.B. ein TV mit Video und eine Microwave. Ginger grinst spöttisch und läßt mich in den Chaos allein, das mein Vorgänger - möge er im untersten Kreis schmoren! - mir hinterlassen hat.

Als allererstes mache im einzigen Regal Platz für meine Pizza-Schachtel, indem ich die ganzen 'Internal Procedure Manuals' (das ist das unnötige Zeug, wo genau steht, wer wann und warum auf welchen Rechnern welche Rechte hat) in den Papierkorb werfe. Dabei fällt mir auf, das dieser gefüllt ist mit schimmeligen Pizzastücken.

Die Putzfrau (falls es hier so was gibt) muß ich mir gleich morgen mal krallen...

Prof. Icewater, meine neue Chefin steht plötzlich hinter mir in der offenen Tür und begrüßt mich so kühl wie ein antarktisches Walross. Während des einleitenden Chats mache eine geistige Notiz, daß sie auf weißen Turnschuhen daherzuschleichen pflegt. Also ist Vorsicht geboten!

"Well, das ist also Ihr neues Reich", meint in einem Anflug von kälteklirrender Herzlichkeit, der ihr gar nicht steht, und blickt sich in meinem cubicle um. "Jetzt haben wir nur noch ein klitzekleines
Problem: Ihr... äh... Vorgänger hat vergessen, das Root-Paßwort zu hinterlassen... Und seitdem ... äh..."
Ich lächele nachsichtig. "Wo liegt da das Problem?" Prof. Icewater schaut mich zweifelnd an und verabschiedet sich.

Ich setze mich an die Sparc2 und gebe ihr mit Stop-A den Todesstoß. Als sie schnaufend wieder hochkommt, gehe ich in den Single-User-Mode und unterbreche an der richtigen Stelle ein SUID-Skript.
Dann setze ich das Root-Paßwort neu und scanne erstmal in aller Ruhe die Userverwaltung nach weiblichen Namen, um sie für die tägliche Usermail vorzumerken. Nachdem ich die heutige Usermail überflogen habe, lösche ich sämtliche System-Mailboxen, um die Mitarbeiter auf den neuen System-Manager aufmerksam zu machen. Anschließend schicke ich eine Mail an alle, in der
alle Rechnerbenutzer höflich darauf aufmerksam gemacht werden, daß es in den nächsten Wochen wegen Umstrukturierung des Rechnersystems unter Umständen zu 'Unregelmäßigkeiten im Rechnerbetrieb' kommen könnte...

Die Netzverbindung zum Internet funktioniert und ist erstaunlich schnell. Ich logge mich mal kurz Zuhause in Deutschland ein und lasse sämtliche Uns, auf denen User eingeloggt sind, neu booten. Nur damit die Kollegen Zuhause nicht meinen, sie wären mich los!

Dann studiere ich die Broschüre über 'Sexual Harassen' (zu deutsch so etwas wie 'Sexuelle Belästigung'). Eine ziemlich gute Anleitung für Triebtäter und alle, die es werden wollen. Vor allem ist darin genau beschrieben, was man alles NICHT machen darf.
Zum Beispiel Liftfahren: Niemals mit einer Kollegin oder einen Kollegen ALLEIN in Lift fahren, wenn man keine Klage an den Hals bekommen möchte. Oder die Tür zumachen, wenn man ein Meeting zu zweit hat. Oder Kollegen im Auto mitnehmen. Oder PinUp-Girls im Büro aufhängen. Oder... - die Liste ist erstaunlich umfassend!
Für Studenten ist noch ein extra Formularblock angeheftet, auf denen sich Männchen und Weibchen (oder auch andere Kombinationen; man ist ja schließlich in San Francisco!) vor dem Beginn einer Romance gegenseitig durch Unterschrift bescheinigen können, daß es in beider Sinne geschieht. - Oh Hölle!!!

Nachdem ich die Broschüre gründlich studiert habe, gehe ich zurück in Gingers Büro und frage unschuldig, ob sie mir ein paar der Begriffe erklären könne. Zum Beispiel 'space bubble', 'pinching', 'hazing', 'mooning', 'leering', usw. Ginger wird etwa dunkler im Gesicht, aber sie versucht tatsächlich, es zu erklären (diese Amis sind einfach zu hilfsbereit!), und ich setze mein dümmstes Gesicht auf, Kategorie 'die blanke Leere' und verstehe gar nichts. Nach einigen vergeblichen verbalen Anläufen, schlage ich beiläufig vor, sie solle es doch mit ein paar praktischen Demonstrationen versuchen. Ginger guckt mich mit ihren grünen Augen prüfend an, dann grinst sie und schüttelt den Kopf: "Nice try!"

Immerhin darf ich sie nun zum Abendessen einladen, zwecks Fortsetzung des Unterrichts ...

 

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WiW ã 1996-1998 Stefan Wolf - Letzte Bearbeitung: 21. Juni 1998