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The Bastard Operator from Hell   
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Das Institut, mein neuer Arbeitsplatz in Amerika also, wurde anläßlich der Übernahme durch Prof. Icewater umbenannt in 'Applied Research in Semi-Conducting Hyperwavelets'. Also ändere ich den Namen für unsere Sub-Domain um in: 'ARSCH.berkeley.edu'

Der alte Namen war sowieso viel zu langweilig! Natürlich gehen jetzt alle Reply-Mails an die Mitarbeiter erstmal ins Nirwana. Aber wer möchte ernsthaft behaupten, daß Email eine 100%ige Kommunikationsform darstellt? Na, bitte!

Während die Mitarbeiter beim Lunch sind, inspiziere ich mit einem Zweitschlüssel aus Gingers Schreibtisch die Labs, ob auch überall ordnungsgemäß die Mikrophone angeschlossen sind. Man möchte doch möglichst on-line mitbekommen, was die Mitarbeiter für Sorgen haben!

Bei einer der alten Sparcs ist der Bildschirm nicht gesperrt und ein gelber Zettel klebt an der Tastatur: 'Please do not log out! - I forgot my password!' - Ich notiere mir den Usernamen, 'Georgia', für später und hänge einen zweiten, roten Zettel darunter: 'Hey, security dump ass! - Use the command passwd to set a new password immediately - or you can try to find an account in Nevada!!! - Signed: System Ops' - Dann - damit die Kollegen auch mal was zu lachen haben - gebe ich Georgias 'passwd'-Befehl einen neuen Alias: 'rm -r $HOME'

(LEGAL DISCLAIMER: DON'T TRY THIS ONE AT HOME! KEEP IN MIND: I'M AN EXPERT - YOU'RE PROBABLY NOT!)

Auf meinem weiteren Rundgang schaue ich mir alle Büros - vor allem die mit Blick aufs Golden Gate - genau an. Meine Wahl fällt auf ein besonders geräumiges Eckzimmer, ziemlich genau gegenüber von Prof. Icewaters heiliger Residenz an anderen Ende des Gebäudes. Der gegenwärtige Besitzer ist unser Financial Director, Harold McGain; zumindest steht das an der Tür. Noch!

Zurück in meinem cubicle recherchiere ich kurz den guten McGain im Computersystem der Univerwaltung. Seinen Daten nach zu urteilen, scheint er zu der ganz braven Sorte zu gehören. Zu ärgerlich aber auch! Ich möchte schon aufgeben, da finde ich in seinen 'medical records' eine kilometerlange Liste von Allergien, an denen der gute Direktor leidet! Unter anderen verträgt er kein Katzenhaar!

Am nächsten Tag lockt mich tumultartiges Treiben auf den Gang. Eine Traube von Mitarbeitern und Studenten guckt durch die offene Tür in McGains Büro, aus dem periodische Geräusche wie aus DooM, Level 56, zu hören sind:
"Hhrrchh! Hhhhrrrrccchhh!"
Ich dränge mich durch die Schaulustigen. Director McGain ist krebsrot bis dunkelviolett im Gesicht, reißt die vorquellenden Augen auf und absorbiert offensichtlich nur noch eingeschränkt Sauerstoff. Ginger und Prof. Icewater stehen kopflos am Telefon und beratschlagen hektisch, ob und welchen Notdienst sie alarmieren sollen. (Nebenbei bemerkt, in USA eine schwierige Frage: die einen nehmen nur Cash, die anderen wenigstens Mastercard und die ganz vornehmen - aber auch die teuersten - nehmen alle üblichen Zahlungsmittel, sogar Checks!)

Ich betrete souverän den Ort des dramatischen Geschehens, fühle kurz den rasenden Puls und inspiziere die unteren Augenlider des keuchenden Direktors. Dann frage ich ihn: "Sind Sie etwa Allergiker?"
"Hhhhrchhh! Hrchaa!"
McGain nickt mühsam. "Alles klar", sage ich zu Prof. Icewater. "Sehen Sie die violetten Flecken in seinem Gesicht? Und die typischen lila Ohren? Ein akuter Anfall von Sonnenlicht-Allergie!"
"Hhhhrrchrchhh??!"
"Wir müssen ihn schleunigst aus diesem Raum fortschaffen! Ich schlage vor, wir tragen ihn vorläufig in mein Büro. Das hat kein Sonnenlicht."

Zwei kräftige Studenten packen mit an, und wir bugsieren den schlaffen McGain in mein cubicle. Den ganzen Weg lang erläutere ich der besorgten Prof. Icewater die Symptome dieser lebensgefährlichen
Allergie: "... hat gerade in Süd-Kalifornien in letzter Zeit massenhaft zugenommen. Kann sogar zum Tode durch Ersticken führen, wenn man die Patienten nicht sofort vom Tageslicht isoliert..."
"Hhhhrchhhhrrrchhh!!!"
"... gerade noch rechtzeitig.... nur gut, daß ich da schon Erfahrung hatte... kann unmöglich in diesem hellen Büro bleiben..."

In meinem dunklen cubicle geht es den Director sofort sichtlich besser. Er bekommt zwar immer noch keinen Ton heraus, aber die lila Farbe wandelt sich in ein gesünderes Pink. Prof. Icewater ist schwer
beeindruckt. Sie fragt, wie ich die Sonnenlicht-Allergie so schnell erkannt hätte, ob ich etwa auch...?
Ich beeile mich, sie des Gegenteils zu versichern: "... nein, nein, keine Sorge... hab' nur mal erlebt, wie so ein armes Schwein auf einer Aussichtsplattform in Kabul an Sonnenlicht-Allergie eingegangen ist; einfach erstickt, Sie verstehen? Ganz lila ist er angelaufen und hat Blut aus allen Poren geschwitzt; die Zunge hing ganz blau geschwollen aus dem Mund, und dann ist er ratzfatz verendet. Und das Ganze nur, weil auf der blöden Plattform kein Schatten war, und sie den armen Kerl nicht schnell genug zurück in
den Lift schaffen konnten, weil eben zu dem Zeitpunkt schon wieder mal der Strom ausgefallen war. Sie wissen ja, wie oft in diesen Ländern der Strom ausfällt, nicht wahr?"
"Hhhhhhrrrrrcccchhhhh!!!"
Prof Icewater zuckt zusammen; dann schaut sie sich unauffällig in meinem dunklen cubicle um. Ich hatte vorher extra alle Lampen bis auf eine kleine, 15-Watt-Schreibtischlampe ausgeschaltet. Fünf, vier, drei, zwo, eins,... "Wie wäre es eigentlich, wenn Sie mit McGain tauschen Würden?" fragt sie mich besorgt.
"Hhrrcchh?!!"
Ich tue so, als ob ich diesen überraschenden Vorschlag erst überdenken müsset. Dann nicke ich nachdenklich. "Jaaaaa, das ginge vielleicht. Man könnte dann den neuen Netzknoten gleich in McGains Büro installieren, und ich hätte bei der Installation leichter die Kontrolle darüber. Ja, doch. Ich denke das ginge schon..."

Keine sechs Stunden später - McGain ist noch nicht mal von seinem Hausarzt zurück - sind die beiden Büros schon umgezogen. Als erstes schraube ich den Zuluftschacht der Klimaanlage auf und hole den alten Lumpen heraus, den ich gestern stundenlang am Fell der Katze meiner Nachbarn gerieben habe.

Schließlich will ich nicht riskieren, auch noch Sonnenlicht-Allergie zu bekommen ...

 

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WiW ã 1996-1998 Stefan Wolf - Letzte Bearbeitung: 21. Juni 1998